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Rezension: Two Beats Ahead

Lesedauer 5 Minuten

Von den ersten Instrumenten vor 45.000 Jahren, über die epischen Werke eines Richard Wagners bis zum kommerziellen Pop: Musik begleitet die Menschheit seit ihrem Ursprung. Sie ist wandelbar und Inbegriff der Kreativität. Wie die Einstellung und Arbeitsweise von Musikern Unternehmen hilft besser zu innovieren untersuchen Panos A. Panay und R. Michael Hendrix in ihrem Buch „Two Beats Ahead“.


Two Beats Ahead: What Musical Minds Teach Us About Innovation

Panos A. Panay, R. Michael Hendrix

Verlag: PublicAffairs

Seiten: 256

ISBN: 978-1541730588

Jahr: 2021


Stille

„Two Beats ahead“ beginnt mit sieben leeren Seiten – als Reminiszenz an die Stille vor versteckten Titeln auf Alben oder John Cages 4‘33“, ein Lied mit Stille für 4 Minuten und 33 Sekunden. Es ist eines der vielen Beispiele im Buch, an denen die Autoren versuchen ihre Ideen über Musiker und Innovation auf Papier zu bringen. In diesem Fall geht es ums Zuhören: Musiker lauschen ihrer Umgebung und lassen sich inspirieren.

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Kreativität wird geboren aus beobachten und zuhören; gute Investoren und erfolgreiche Erfinder beobachten ihre Umwelt und fanden dort neue Ideen. So wie Jimmy Iovine, einer der Mitbegründer von Beats Electronics, dem Entwickler der Kopfhörer Beats by Dre. Zu der Zeit waren Kopfhörer entweder Schrott oder für Audiophile gemacht – es gab keine für den durchschnittlichen Konsumenten von Musik. Diese Lücke füllten sie mit Beats by Dre.

„Turns out that listeners, like artists, don’t give a shit about audiophile grade; they want their shit to sound good.“

Jimmy Iovine

Wie Musiker die Welt sehen

Laut Two Beats Ahead sehen Musiker die Welt auf eine besondere Weise

So wie mit dem Zuhören verfahren Panay und Hendrix durchgängig in ihrem Buch: Sie zeigen, wie Musiker die Welt sehen, arbeiten und neue Idee entwickeln. Anschließend verknüpfen sie dies mit dem Vorgehen von Innovatoren. Neben dem zuhören sind dies:

  • Experimentieren
  • Zusammenarbeiten
  • Demoing
  • Produzieren
  • Verbinden
  • Remixen
  • Erfassen
  • Neu erfinden

Jedes Prinzip wird in einem eigenen Kapitel behandelt und mit Interviews und Anekdoten unterfüttert. Zum Abschluss hat jedes Kapitel noch eine Besonderheit: Eine Playlist mit Liedern, die eine Rolle im Kapitel spielen oder das Argument unterstützen.

Musiker als Unternehmer

Die Autoren haben zahlreiche Musiker ausfindig gemacht, die nicht nur ihre Musik, sondern auch ihr Talent in anderen Bereichen zur Schau stellen. Wer kennt nicht die Sänger, die plötzlich als Designer durchstarten oder ihre eigene Schuhkollektion auf den Markt bringen? In diesem Werk findest du auch spannende Geschichten von Musiker, die Fondsmanagern, Psychologen, Neurowissenschaftlern und Pädagogen wurden und ihre Kreativität auf eine ganz andere Art zum Ausdruck bringen. Ihre Herangehensweise an das Geschäft ist einzigartig und inspirierend zugleich. Das Buch führt dies auf ihre Erfahrung als Musiker zurück.

“The most exciting projects to me are the ones that incorporate unconscious thinking with superconscious tinkering.”

Spencer Tweedy

Zusammenarbeit

Musiker zeichnen sich durch ihren Teamgeist aus. Nicht nur vereinen Bands viele Musiker unter einem Hut. Seit jeher ist es eine Selbstverständlichkeit, mit anderen Musikern zusammenzuspielen, die man zuvor noch nie getroffen hat und zu jammen. Ein herausragendes Beispiel für diese Zusammenarbeit ist das Lied Hold Up von Beyoncé. Sage und schreibe 15 Songwriter haben hierbei ihr Können unter Beweis gestellt und jeweils einen Teil zum Lied beigetragen.

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Der Erfolg dieses Liedes beruht nicht auf einem einzelnen Produzenten oder Sänger, sondern auf der Zusammenarbeit des gesamten Teams. Dieses Prinzip gilt auch für Innovationen jeglicher Art: Weder Elon Musk noch Steve Jobs haben Tesla oder das iPhone alleine entwickelt. Nur durch effektive Teamarbeit konnte solch ein Erfolg erreicht werden.

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Am Ende etwas schwächer

Wieso Musiker bessere Innovatoren sind als andere Berufsgruppen, oder eine grundsätzlich andere Art der Kreativität haben, beantwortet das Buch nicht. Wechsel der Profession gibt es bei allen Berufen: Komiker werden Moderatoren, Schauspieler singen und Mediziner gründen Firmen. Auch ziehen sich die letzten Kapitel von „Two Beats Ahead“: Neues erfährt der Leser im letzten Drittel nicht.

Was Two Beats Ahead nicht sagt: Nicht nur Musiker sind gute Innovatoren

Dafür ist „Two Beats Ahead“ voller lesenswerter Zitate von Musikern über das Geschäft und Kreativität. Was hat Kreativität zum Beispiel mit Gärtnern zu tun? Brian Eno, Mitbegründer von Roxy Music, sagt dazu:

„One is carefully constructing seeds, or finding seeds, carefully planting them and then letting them have their life. What this means, really, is a rethinking of one’s own position as a creator. You stop thinking of yourself as me, the controller, you the audience, and you start thinking of all of us as the audience, all of us as people enjoying the garden together. Gardener included.“

Brian Eno

Das Ende des Buchs schließt einen Kreis zum Anfang: Es enthält Hidden Tracks.

Die Autoren

Panos A. Panay

Panos A. Panay ist ein inspirierender Mann, der seine Leidenschaft für Musik und Unternehmertum in verschiedenen Bereichen auslebt. Als Mitarbeiter der renommierten Organisation „The Recording Academy“ trägt er dazu bei, dass die jährliche „GRAMMY Awards“-Verleihung ein erfolgreicher Event wird.

Als ehemaliger Mitarbeiter des renommierten „Berklee College of Music“ hat Panay eine Gruppe ins Leben gerufen, die sich mit kreativem Unternehmertum beschäftigt. Sein Engagement für die Verbindung von Musik und Wirtschaft zeigt sich auch in seiner eigenen Firma, die Bands dabei unterstützt, sich online zu vermarkten und Auftritte zu finden.

R. Michael Hendrix

R. Michael Hendrix war Partner und Global Design Director bei IDEO, wo er sich mit einer Vielzahl von Themen auseinandersetzte – von Haushaltswaren bis hin zur inneren Sicherheit. Dank seiner über 25-jährigen Erfahrung ist er ein gefragter Redner, der Keynotes bei renommierten Veranstaltungen hält. Ferner ist Michael Assistenzprofessor für Musikwirtschaft/Management am Berklee College of Music und hält regelmäßig Gastvorträge an Universitäten weltweit.

Als R.M.Hendrix hat er sechs experimentelle Noise-Pop Aufnahmen veröffentlicht, die von der Kritik hochgelobt wurden.

Fazit

Das Buch ist lesenswert und behandelt die Arbeit und Vorstellungen vieler Musiker – bekannter und unbekannter. Vor allem die ersten 2/3 des Buchs lesen sich in einem Rutsch. Durch die Interviews entsteht ein guter Einblick in die Gedankenwelt dieser. Leider fehlt, warum Musiker bessere Innovatoren sind als andere Menschen. Die Prinzipien gelten für jeden.

Die letzten drei Kapitel fügen dem Buch kaum neues hinzu. Sie sind nicht überflüssig, aber lassen in ihrer Argumentation nach.

Wenn du dich mit Kreativität und Innovation auseinandersetzt, ist das Buch eine klare Empfehlung. Es fügt dem Thema einen Blickwinkel hinzu, der in anderen Büchern meist zu kurz kommt. In „Two Beats Ahead“ geht es um die Menschen, nicht ihre Unternehmen oder Prozesse.

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